Chronik des Kammerorchesters (Herbert Kiemes)
Dass das Kammerorchester Riegelsberg seit seiner Gründung im Jahre 1957 heute immer noch existiert, ist keine Selbstverständlichkeit. Es verdankt sein langes Leben dem beharrlichen Einsatz vieler engagierter Menschen, Mitspielern, Dirigenten, Förderern und natürlich den vielen treuen Konzertbesuchern, deren Anerkennung intensives Proben und umfangreiche Organisationsarbeiten belohnt.
Die Entwicklung der ersten Jahrzehnte des Orchesters sind sehr gut und umfangreich dokumentiert. Zum 10. und 20. Jubiläum hat Robert Woll detailreiche Berichte geschrieben, die sehr lesenswert sind, weil sie uns die Schwierigkeiten des jungen Orchesters, aber auch die Begeisterung und den Schwung vor Augen stellen, mit welchem sie gemeistert wurden. Ausführliche Festschriften erschienen zum 30. (Robert Woll, Hans Buschauer) und 40. (Hans Buschauer) Jubiläum. Im Programmheft zum 50. Jubiläum befragte Christel Emanuel das Gründungsmitglied Leo Schommer, den Mann, der wie kein anderer die Kontinuität des Orchesters und den begeisterten Einsatz für die Musik widerspiegelt und der sowohl beim ersten Konzert des Orchesters 1957 als auch beim Konzert zum 50. Jubiläum 2007 mitwirkte.
Alle diese Schriften, von denen viele vergriffen sind, zeigen die Entwicklung des Kammerorchesters Riegelsberg in vielen Facetten auf. Deshalb wird beabsichtigt, diese Dokumentationen auf der Homepage des Orchesters zugänglich zu machen, um interessierten Freunden die Möglichkeit zu geben, sich an Quellen zu informieren, die von Musikern geschrieben wurden, die zu ihrer Zeit Verantwortung trugen und deshalb aus erster Hand berichten konnten.
Im Folgenden soll versucht werden, einige Gesichtspunkte zu beleuchten, die für Entwicklung und Fortbestand des Orchesters wichtig waren und weiterhin sind. Diese Ausführungen erheben weder den Anspruch, eine Chronik zu sein noch die ausgezeichnete, konzentrierte Darstellung zum 40. Jubiläum fortzuschreiben; sie sind die subjektiven Anmerkungen eines „altgedienten“, Orchestermitglieds zu einer langen, wechselvollen Geschichte. Fehler und Verzerrungen, Auslassungen und falsche Bewertungen gehen zu dessen Lasten.
Von seinen Anfängen bis heute war und ist das Kammerorchester eingebettet in die Gemeinde Riegelsberg.
Es war der Riegelsberger Bürgermeister Jakob Thome, der 1957 anregte, interessierte Riegelsberger Musiker, Profis und Laien, zu einem Streichorchester zusammenzufassen. Dies konnte gelingen, weil sich der Riegelsberger Bürger Ernst Hoenisch, Dozent am Staatlichen Konservatorium Saarbrücken, bereit erklärte, aus dieser zusammen gewürfelten Schar ein Ensemble zu formen. Am 10.11.1957 fand das erste Konzert der Orchestervereinigung Riegelsberg statt. Es war ein neues Erlebnis für die Riegelsberger Bürger und fand großen Beifall. Auf dem Programm stand unter anderem Mozarts „Exsultate-Jubilate“, ein wunderschönes Werk für Sopran und Orchester, das das Orchester mehrfach aufgeführt hat.

1. Konzert am 10.11.1957 im Saal Feld, Riegelsberg-Stumpen

Konzert am 16.11.1960

Konzert unter Ernst Hoenisch zum 10-jährigen Jubiläum in der Lindenschule am 09.04.1967
Zu Beginn musizierten in der Orchestervereinigung auch einige Bläser. Dies änderte sich nach einigen Jahren, wohl weil Herr Hoenisch vor allem sehr intensiv mit den Streichern arbeitete. Die Bläser nahmen an den Proben nicht mehr teil und wurden von Fall zu Fall engagiert. Als reines Streicherensemble benannte sich die Orchestervereinigung 1970 um in Kammerorchester Riegelsberg.
Von Anfang an bis heute wurde das Kammerorchester Riegelsberg von der Gemeinde wesentlich gefördert. Von Jakob Thome bis zu Klaus Häusle hatten die Bürgermeister stets ein offenes Ohr für die Anliegen des Orchesters. Die Gemeinde unterstützt das Orchester nicht nur finanziell, sondern stellt seit Jahrzehnten attraktive Probenräume zur Verfügung. Zum Ausgleich bereichert das Kammerorchester das kulturelle Leben in Riegelsberg mit zurzeit drei Konzerten jährlich.
Das Kammerorchester Riegelsberg wurde ganz wesentlich von seinen Dirigenten geprägt. Besonders jene, die lange Jahre geblieben sind, setzten musikalische Akzente.
Dirigent in einem Laienorchester zu sein, erfordert in hohen Maße Liebe zur Sache, pädagogisches Geschick, Geduld und gute Kenntnis der Literatur, die für Laien spielbar ist. Hier hat Herr Hoenisch Pionierarbeit geleistet.
„Die Proben wurden für die meisten zu einem Erlebnis, waren sie doch ein solch intensives und konzentriertes Musizieren nicht gewöhnt. Herr Hoenisch führte sie nicht nur in bisher unerschlossene Werke ein, sondern verbesserte von Mal zu Mal die Technik (Intonation, Griff- und Bogentechnik), die ja Voraussetzung für das eigentliche musikalische Gestalten ist.“
(Robert Woll: Zehn Jahre Orchestervereinigung Riegelsberg)
17 Jahre hat Herr Hoenisch mit dem Kammerorchester gearbeitet und aus einzelnen Musikern, die das Zusammenspiel nur wenig gewöhnt waren, ein weithin anerkanntes Ensemble geformt.
Probenarbeit bedeutet konzentriertes Arbeiten für Dirigent und Musiker. Unsere guten Dirigenten haben das geleistet, und die Laienmusiker mussten sich oftmals mühen, den hohen Ansprüchen zu genügen.
Seit 1957 bis heute haben folgende Dirigenten mit dem Orchester gearbeitet:
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1957 – 1973 Ernst Hoenisch, Geiger, Dozent am damaligen staatlichen Konservatorium Saarbrücken, der heutigen Musikhochschule
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1973 – 1975 Josef Geibel, Geiger und Organist
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1975 – 1981 Jürgen Haberkorn, Geiger am damaligen Stadttheater Saarbrücken
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1981 – 1982 Antonin Soukup, Solobratscher am damaligen Stadttheater Saarbrücken
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1983 Miroshi Gibe, Geiger und Kapellmeister
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1983 – 1989 Martin Folz, Organist
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1989 – 1993 Christian von Blohn, OrganistGeorg Grün, Chorleiterverschiedene Orchestermitglieder
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1993 – 2006 Eckart Schloifer, Solobratscher im Rundfunksinfonieorches-ter Saarbrücken
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2006 – 2009 Christophe Hellmann, Kapellmeister am Staatstheater Saarbrücken
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2009 - 2024 Ewald Becker, Geiger und ehemaliger Gymnasiallehrer
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ab 2024 Wolfgang Münchow, Organist
Aus der Reihe interessanter Dirigenten und renommierter Musiker, die auf Ernst Hoenisch folgten, sollen drei herausgestellt werden: Jürgen Haberkorn, Martin Folz, Eckart Schloifer und Ewald Becker.
Jürgen Haberkorn war Geiger am Staatstheater Saarbrücken und examinierter Kapellmeister. Er führte die Aufbauarbeit mit den Musikerinnen und Musikern, aber auch die rege Konzerttätigkeit fort. Ein besonderer Höhepunkt stellte hier das Konzert zum 20 jährigen Jubiläum dar, bei dem sowohl Beethovens Violinkonzert mit Professor Lewkowicz als auch die 5. Sinfonie von Schubert aufgeführt wurden. Aber auch die Konzerte in der Reihe der Abteikirche Mettlach, die Konzerte in Marmoutier, Lingolsheim und Reichshoffen, sowie Festkonzerte mit renommierten Chören sind hervorzuheben.
Martin Folz leitete das Orchester sechs Jahre lang. Er war Organist und Chorleiter und so lag sein Hauptaugenmerk auf der Kirchenmusik. Tatsächlich führte das Orchester mit ihm eine Reihe von Kirchenkonzert in Riegelsberg St. Josef auf, musizierte aber auch mit anderen saarländischen Chören. Martin Folz war zwar kein Streicher, aber ein ausgezeichneter Musiker. So konnte er den Orchestermitgliedern zwar kaum technische Hilfen bieten, die musikalische Arbeit mit ihm machte aber Freude. Er versuchte mit Erfolg, Barockwerke in historischer Aufführungspraxis aufzuführen. Diese Entwicklung gipfelte 1986 in einer Schallplattenaufnahme „Te Deum laudamus“ mit den Werken von M.A. Charpentier „Te Deum“ und der Bachkantate „Ich habe genug“, zwei wunderschöne Werke, die auch in der Interpretation eines Laienorchesters gefallen
In einer sehr schwierigen Zeit stieß Eckart Schloifer zum Kammerorchester Riegelsberg. Seit 1989 übernahmen, allerdings nur für sehr kurze Zeiträume die hervorragenden Musiker Christian von Blohn und Georg Grün das Orchester. Nach deren Ausscheiden unternahmen es einige Orchestermitglieder, Konzerte zu planen und zu dirigieren. Diese Situation war sowohl für das Orchester als auch für die Riegelsberger Zuhörerschaft unbefriedigend.
So war es ein Hoffnungsschimmer als sich 1991 Eckart Schloifer bereit erklärte, probeweise ein Konzert zu dirigieren. Es dauerte allerdings bis 1993 bis dieser herausragende Musiker, Solobratscher beim Rundfunkinfonieorchester Saarbrücken, das Kammerorchester für zwölf Jahre übernahm.
Die Arbeitsweise Schloifers erinnerte stark an diejenige des ersten Dirigenten, Ernst Hoenisch. Wie dieser war er stets gut vorbereitet und erwartete von seinen Musikern konzentriertes Arbeiten. Noten, die er auflegte, waren bestens eingerichtet: Striche, Bindungen und Phrasierungen waren für alle Stimmen eingetragen und mussten nur selten nachträglich verändert werden. Die Proben erinnerten manchmal an Musikunterricht. Nach Bedarf wurden ergänzend zu den Musikwerken Intonationsübungen durchgeführt, Tonleitern gespielt und Bindungsarten eingeübt. Es war ein oft gehörter Satz von Eckart Schloifer: „Ich weiß, was Laienmusiker leisten können und wo ihre Grenzen liegen“. Diese Grenzen lotete er aus. Er „quälte“ das Orchester so lange, bis die Unterschiede von „p“ zu „pp“ und „ppp“ hörbar wurden.
Diese Arbeit zahlte sich aus, und die Qualität der Konzerte des Kammerorchesters steigerte sich deutlich, sein Spiel wurde differenzierter und kultivierter.
Es war ein Verlust, als Eckart Schloifer 2006 seine Arbeit mit dem Kammerorchester Riegelsberg beendete.
Ewald Becker begann seine musikalische Arbeit mit dem Kammerorchester im Jahr 2009. Für die Arbeit mit einem Laienorchester ist er hoch qualifiziert. Als Musiklehrer am Saarbrücker Gymnasium am Schloss, einem Gymnasium, an dem Musik einen fachlichen Schwerpunkt bildet, formte er viele hochbegabte junge Musiker und gestaltete mit ihnen anspruchsvolle Konzerte. Viele seiner Schüler führte er zu „Jugend musiziert“ und zum Landes Jugend-Symphonie-Orchester. Davon profitiert das Kammerorchester Riegelsberg in hohem Maße. Dies nicht nur, weil Ewald Becker umfassende Kenntnis über für Laienmusiker spielbare Literatur aufweist, sondern auch, weil er weitreichende Kontakte im saarländischen Musikleben besitzt, die dem Orchester zugute kommen. So sind einige frühere Schüler, heute Profis, mit dem Orchester solistisch aufgetreten. Einer seiner Schüler, Benedict Guntermann, ist heute Konzertmeister des Orchesters und dessen Vorsitzender.
Die Probenarbeit mit Ewald Becker macht Spaß. Er arbeitet konzentriert und gestaltet Musikstücke einfühlsam und mit intensiver Arbeit am Detail. Bei seiner Arbeit bleibt er immer freundlich, ausgeglichen und strahlt sehr viel menschliche Wärme aus. Auch deshalb kommen die Musiker gerne zur Probe und vielleicht ist das auch der Grund, dass in den Jahren unter seiner Leitung einige neue Musiker, erfreulicherweise auch jüngere, zum Orchester gestoßen sind.
Ewald Becker ist immer auf der Suche nach Musikstücken, die das Kammerorchester Riegelsberg noch nicht gespielt hat, ein Unterfangen, das nach 60 Jahren eifrigen Konzertierens nicht einfach ist. Ihm gelingen immer wieder beeindruckende Konzertprogramme, die beim Publikum sehr viel Beifall finden. Erinnert seien an Konzerte aus den letzten Jahren, etwa an das Herbstkonzert von 2016 „Tänze von der Renaissance bis zur Gegenwart“, oder an das jüngste Konzert am 02.04.2017 „Spanische Impressionen“.
Auch bei der Auswahl seiner Solisten beweist Becker eine glückliche Hand. Neben renommierten Künstlern wie Ulrike Dierick, der ehemaligen Professorin an der Musikhochschule des Saarlandes, Armin Ziegler, dem früheren stv. Soloklarinettisten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Frankfurt am Main, oder Wolfgang Mertes, dem ersten Konzertmeister des Saarländischen Staatstheaters, engagiert er junge Künstler aus der Region, etwa die gebürtigen Püttlingerinnen Stefanie Faust, Flöte, Verena Jochum, Harfe, oder Almut Panfilenko, Sopran, gebürtige Riegelsbergerin, mit der das Kammerorchester schon einige sehr erfolgreiche Konzerte gestaltet hat.
Ewald Becker hat mit dem Kammerorchester Riegelsberg sehr erfolgreich gearbeitet. Mit dem Passionskonzert am 17. März 2024 hat er sich von Orchester verabschiedet und seine Dirigententätigkeit aufgegeben. Nach wie vor steht er als Mitglied der Vorstands dem Orchester beratend zur Seite.
Sein Nachfolger ist der Organist Wolfgang Münchow, der bereits die ersten Konzerte erfolgreich gestaltet hat.
In den langen Jahren seines Bestehens hat das Kammerorchester Riegelsberg mehr als 500 Werke erarbeitet und aufgeführt. Viele der Dirigenten, dazu gehörten Ernst Hoenisch, Eckart Schloifer und Ewald Becker, legten Wert darauf, zu jedem Konzert neue Werke einzustudieren. Das machte die Probenarbeit für Dirigenten und Musiker immer interessant und spannend. Dabei umfasste die Werkauswahl sämtliche Epochen der Musikgeschichte von Werken der Renaissance bis zu ganz aktuellen zeitgenössischen Werken, mit Schwerpunkt auf Kompositionen des Barock und der Klassik.
Es fällt schwer, aus der Fülle hochrangiger Werke und gelungener Konzerte solche herauszustellen, die besonders gefallen haben. Hier hat jeder Musiker des Orchesters besondere Vorlieben und Wertschätzungen. Ähnlich wird es Zuhörern gehen, die die Konzerte regelmäßig besuchen. Deshalb sei hier hingewiesen auf die Plakatsammlung in dieser Schrift. Vielleicht kann sie beim Betrachter Erinnerungen an angenehme musikalische Nachmittage wecken.
Von Beginn an strebten die Dirigenten an, auch zeitgenössische Werke einzustudieren. Das fand allerdings nicht immer den Beifall der Laienmusiker, die von ihrer musikalischen Ausbildung her in erster Linie an Barock und Klassik geschult waren. Neue Musik entsprach nicht ihren Hörgewohnheiten und „lag nicht in den Fingern“. Alle Dirigenten mussten Überzeugungsarbeit und manchmal sanften Druck ausüben, damit solche Werke akzeptiert wurden.
Mehrere dieser Werke, vorwiegend solche, die eigens für dieses Orchester komponiert wurden, sollen hier genannt werden
Der saarländische Komponist Clemens Kremer komponierte zum 10-jährigen Bestehen des Orchesters das Werk „Passacaglia und Variationen über ein dorisches Thema“ das am 09.04.1967 unter Erst Hoenisch uraufgeführt wurde.
Mit Martin Folz führte das Orchester am 18.10.1987 das Werk des Cottbuser Komponisten Bernd Weinreich „Replikationen für Englischhorn und Streicher“ als bundesdeutsche Uraufführung auf. Dieses Werk bedeutete für das Orchester Neuland, denn hier waren zum ersten Mal „Klangcluster“ zu spielen, Klänge also, die nicht in konventionellen Noten notiert waren, sondern als Wellenlinien und Pfeile, die ein klangliches Auf und Ab in der Spielweise der Musiker einforderten. Es war ein sehr eindrucksvolles Werk, besonders auch wegen der warmen, klangvollen Stimmführung des Soloinstruments.
Eckart Schloifer machte das Orchester mit vielen zeitgenössischen Stücken bekannt. Es verging kein Jahr, ohne dass er ein oder zwei dieser Kompositionen einstudierte. So wurde am 11.06.1995 das Werk „Carillon joyeux“ aufgeführt, das der saarländische Komponist Theo Brandmüller für das Orchester komponiert hatte. Die Partitur war so ausgestaltet, dass jeder Musiker eine eigene Stimme zu spielen hatte, wodurch Brandmüller eine große Klangdichte erreichte und jeder Mitspieler dankbare Aufgaben zu erfüllen hatte.
Als besonders eindrucksvoll wurde die „Musica Dolorosa“ von Péteris Vasks empfunden, in der der Komponist den Tod seiner Schwester in einem Aufschrei voller Schmerz musikalisch verarbeitet.
In jüngster Zeit entstand das Werk „Bachiarea für Oboe, Violine und Streichorchester“, das die Komponistin Viviane Waschbüsch dem Kammerorchester gewidmet hat. Dieses Werk stellt eine Huldigung an Bach und den Maler Gauguin dar und wurde von Ewald Becker am 20.03.2016 uraufgeführt. Solisten waren die Komponistin, Violine, und Livio Varcol, Oboe.
Der Einstieg in Werke zeitgenössischer Musik fiel dem Orchester oft schwer. Doch in der mehrwöchigen Beschäftigung mit diesen Kompositionen erschlossen sich Strukturen und musikalische Aussage und in der Mehrzahl der Fälle waren bei der Aufführung selbst Skeptiker von diesen Musikstücken angetan.
Alle Dirigenten des Orchesters bereicherten die Mitspieler. Jeder Dirigent engagierte sich und brachte seine Persönlichkeit in die Arbeit ein. Unterschiedliche musikalische Vorlieben und Herangehensweisen erschlossen neue Werke, weckten tieferes Verständnis für die Musik und machten die Mitspieler zu besseren Musikern. Davon profitierten und profitieren auch die Zuhörer.
Das gemeinsame Musizieren und das Veranstalten von Konzerten ist kostspielig. Es muss eine Grundausstattung im Probenraum vorhanden sein, Stühle und Notenpulte etwa, Noten, müssen erworben, Anzeigen und Plakate gedruckt werden, und wenn auch Ernst Hoenisch und später auch Eckart Schloifer ohne Honorar für das Orchester arbeiteten, erhalten Dirigenten in der Regel ein kleines Entgelt, müssen Solisten und Orchesteraushilfen bezahlt werden.
Entsprechend war und ist die Finanzierung des Kammerorchesters schwierig. Von Anfang an benötigte das Kammerorchester Zuschüsse von Gemeinde und Kreis, denn die Eintrittspreise für eigene Konzerte deckten nur zu einem geringen Teil die entstandenen Kosten. Man musste sich zusätzliche Einnahmen verschaffen, indem man Engagements von Chören annahm, die für ihre Aufführungen die Begleitung eines Orchesters brauchten.
Diese Situation veränderte sich zum Positiven als Walter Wagner 1970 den „Kreis der Freunde und Förderer des Kammerorchesters Riegelsberg“ ins Leben rief. Dieser Förderkreis erweiterte sich in den ersten Jahren, so dass 1975 fünfzig Mitglieder das Kammerorchester jährlich mit Spenden unterstützte. Mit diesen Beiträgen konnte das Orchester laufende Kosten, wie GEMA Gebühren und Druckkosten leichter tragen und wurde in der Planung eigener Konzerte etwas freier.
Auch heute noch gibt es diesen Förderkreis. Es sind noch etwa zehn Personen, die regelmäßig ihre Spenden überweisen. Darunter sind Familien, die bereits seit 1975 dem Freundeskreis angehören.
Eine ganz wesentliche Verbesserung der finanziellen Situation des Orchesters ergab sich Mitte der 90iger Jahre. Dietmar Braun, der Inhaber der Riegelsberger Druckerei Braun, lud Vorstand und Dirigent zu einem Gespräch in seine Räumlichkeiten ein und bat um Vorschläge, wie er das Orchester unterstützen könne. Das Ergebnis dieses Gesprächs war eine außergewöhnlich großzügige finanzielle Unterstützung, die solange dauerte, wie die Druckerei bestand. Zusätzlich druckte die Druckerei unsere aufwändigen Programmhefte und Plakate, ohne die Kosten in Rechnung zu stellen.
Zum ersten Mal seit seinem Bestehen konnte das Orchester planen, ohne in finanzieller Not zu sein und Engagements von Chören annehmen zu müssen. Viele der großen Konzerte Eckart Schloifers mit erstrangigen Solisten, professionellen Aushilfen und die Vergabe von Kompositionsaufträgen wurden erst möglich durch diese Großzügigkeit von Dietmar Braun.
Als das Sponsoring der Fa. Braun enden musste, füllten dankenswerter Weise die Sparkasse Saarbrücken und die Gemeinde Riegelsberg diese Lücke aus. Auch Spenden des Lions-Club Heusweiler und der Saarland-Sporttoto GmbH trugen dazu bei, dass die Konzerttätigkeit bis heute auf hohem Niveau und weitgehend frei von finanziellen Sorgen weitergehen konnte.
Den Mitgliedern des Kammerorchesters Riegelsberg ist bewusst, was sie ihren Förderern verdanken. Sie versuchen immer wieder aufs Neue mit interessanten Konzerten ihren Dank abzustatten.
„Meine Damen und Herren, ohne Musiker kein Orchester, ohne wahren Idealismus und ohne Begeisterung zu einer Sache kein Erfolg, ohne Kameradschaft keine Harmonie.“
Diesen Satz sagte der damalige Vorsitzende Leo Schommer in einer Ansprache anlässlich der Festlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen des Orchesters. Dieser Satz galt damals – das Engagement der Mitglieder des jungen Orchesters, wie es sich in den Dokumentationen der ersten beiden Jahrzehnte widerspiegelt, war bewundernswert – er gilt aber genau so auch noch heute.
Ein Orchester wie das unsere braucht Mitspieler, die zu den Proben und Konzerten kommen, zu Hause üben und ihr technisches und musikalisches Können einbringen. Darüber hinaus sind aber auch Frauen und Männer nötig, die für reibungslose Abläufe und die Organisation sorgen. Dazu sind vor jedem Konzert eine Menge von Einzelheiten zu bedenken und eine Fülle von Tätigkeiten auszuführen: ein Programm zu planen, Noten zu besorgen, zu gewährleisten, dass allen Mitspielern diese Noten rechtzeitig und gut bezeichnet zur Verfügung stehen, Konzerträumlichkeiten zu verabreden, Programmhefte zu schreiben, Plakate zu entwerfen, sich mit Druckereien auseinanderzusetzen, Inserenten zu werben, Einladungen zu schreiben, den Konzertraum herzurichten (Stühle stellen, Notenpulte vorbereiten, für ausreichende Beleuchtung sorgen), sich um die Finanzen zu kümmern. Neben diesen organisatorischen Dingen muss auch die Stimmung innerhalb des Orchesters stimmen (nicht nur die der Instrumente). Zwar geht es in einem Orchester um die gemeinsame Sache, Musik zu gestalten. Es ist aber, besonders in einem Laienorchester, nur schwer vorstellbar, gemeinsam harmonisch zu musizieren, wenn zwischen den Musikern Missstimmungen herrschen. Deshalb sind in einem Laienorchester Männer und Frauen des Ausgleichs wichtig, die integrieren und vermitteln können.
Solche von der Sache begeisterten und gleichzeitig umgänglichen, verbindlichen Mitglieder hat das Orchester zu jeder Zeit gehabt.
Vielleicht die wichtigste Persönlichkeit des Orchesters war der Geiger und Bratscher Leo Schommer. Schon bei der Gründungsversammlung am 21.05.1957 übernahm Leo Schommer Verantwortung als 2. Vorsitzender. In den Jahren von 1960 -1969 und später von 1984 – 1987 war er erster Vorsitzender. Wie kein anderer hat er die Geschicke des Orchesters geprägt. Noch im Jahr 2007, 93-jährig, musizierte er mit seinen Musikfreunden beim Konzert zum 50. Jubiläum. Leo Schommer war ein Mann des Ausgleichs. Obwohl gelegentlich von lebhaftem Temperament, konnte er sich zurücknehmen, wenn es um Fragen des Orchesters ging. Er war sich immer bewusst, dass ein vorschnelles Wort großen Schaden einrichten kann. Er führte das Orchester, organisierte, beriet, beruhigte und war 50 Jahre lang der gute Geist des Kammerorchesters Riegelsberg.

Festkonzert zum 25jährigen Jubiläum am 16.05.1982

Konzert in der Schlosskirche Blieskastel mit dem Saarpfälzischen Kammerchor am 17.10.1982

Nach dem Braustuben-Konzert am 06.09.1987

Leo Schommer überreicht Ernst Hoenisch ein Geschenk zum 10. Jubiläum des Orchesters
Auch Robert Woll gestaltete von Beginn an die Geschicke des Orchesters mit und war als guter Cellist eine Stütze der Cellogruppe. Er war der Chronist der jungen Gemeinschaft, und das Orchester verdankt ihm wertvolle Informationen zum Entstehen und zur weiteren Entwicklung des Orchesters, die er zum 10- und 20-jährigen Bestehen festgehalten hat. Zwischen 1975 und 1983 war er Vorsitzender des Kammerorchesters und schrieb, gemeinsam mit Hans Buschauer die umfangreiche Festschrift zum 30. Jubiläum im Jahre 1987.
Noch im Gründungsjahr 1957 schloss sich Walter Glößner der damaligen Orchestervereinigung Riegelsberg an. Wegen seines überragenden geigerischen Könnens und seines Engagements wurde er schnell eine führende Persönlichkeit des Orchesters, übernahm den Posten des Konzertmeisters und hatte zahlreiche Auftritte in Violinkonzerten, Konzerten etwa von Tartini, Bach und Mozart. 1969 verließ Walter Glößner das Orchester, denn die berufliche Karriere führte ihn nach Paris und Köln. Nach seiner Rückkehr in die Heimat fing auch das Kammerorchester Riegelsberg wieder an, in seinem Leben eine Rolle zu spielen. Er begann, das Orchester großzügig finanziell zu unterstützen und wirkte wieder bei zahlreichen Konzerten mit. Er lässt es sich nicht nehmen, auch im Konzert zum 60. Jubiläum mitzuspielen und übernimmt in der Komposition von Giovanni Gabrieli die Position des Konzertmeisters.
Die Bratschistin Anni Marchand stammte aus Lille und arbeitete als Lehrerin in Forbach. Auch sie stieß schon früh zum Kammerorchester Riegelsberg und blieb bis zu ihrem Tod im Jahre 2011, länger als vierzig Jahre, eines der zuverlässigsten Mitglieder. Sie kam bei Wind und Wetter, bei Eis und Schnee, von Forbach zu den Proben und fehlte fast nie. Zu den Weihnachtskonzerten, die während ihrer Ferien stattfanden, reiste sie mit ihrer Mutter von Lille an, um bei den Bratschen „ihre Frau“ zu stehen. Häufig wurde Anni Marchand von ihrer Freundin, Frau Renée Podleska, begleitet, die sie auch während der Zeit der Krankheit zu den Proben fuhr. Obwohl Frau Podleska das Orchester nicht als Musikerin unterstützen kann, soll sie hier erwähnt werden, denn auch nach dem Tod der Freundin kommt sie regelmäßig zu den Konzerten und hilft an der Kasse.
Heute ist das „dienstälteste“ aktive Orchestermitglied Hans Buschauer. Länger als 40 Jahre gehört er dem Orchester an und war zu jeder Zeit in organisatorische Aufgaben eingebunden. Wie schon erwähnt, war er Mitautor der Festschrift von 1987 und zum 40-jährigen Jubiläum legte er eine überaus interessante Darstellung der ersten vier Jahrzehnte vor. Von 2009 bis 2016 leitete er die Geschicke des Orchesters als erster Vorsitzender. Hans Buschauer kümmerte sich um viele Dinge: Er pflegte die Kontakte zu der Gemeindeverwaltung, zu den Pfarrgemeinden und zu den Sponsoren. Er fühlte sich verantwortlich für sämtliche organisatorischen Fragen, besorgte Noten, transportierte Notenpulte und bereitete die Räumlichkeiten für die Konzerte vor. Dies alles und vieles mehr tat er auf leise, unaufgeregte Weise und machte keinerlei Aufhebens um seine Person. Es ist für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass er auch heute noch, wo immer er kann, den Orchestervorstand unterstützt und berät.
Nur einige wenige Orchestermitglieder, die allerdings Herausragendes geleistet haben, wurden hier vorgestellt. Viele andere hätten eine Erwähnung ebenso verdient, denn die vielfältigen Arbeiten, die fortlaufend geleistet werden, sind stets auf einige Schultern verteilt. Auch diesen Mitgliedern sei gedankt. Dank verdienen aber auch alle Mitspieler, die Woche um Woche zu den Proben kommen, allein aus Freude, in einer Gemeinschaft Musik zu gestalten, und dabei zum Teil lange Wege auf sich nehmen (Hasborn, Tholey, Wadgassen, Zweibrücken, Saarbrücken, Illingen). Erwähnt werden soll auch, dass einige Mitglieder länger als dreißig Jahre dem Orchester angehören.
Ehrenmitglieder
Ulrich Eisenhut
Anni Marchand
Leo Schommer
Dr. Hans Lieback
Edith Herr
Walter Glößner
Hans Buschauer
Ewald Becker
Was für ein Orchester, für ausführende Musiker, die sich mit dem was sie erarbeitet haben auch präsentieren wollen, wichtig ist, sind aufmerksame Konzertbesucher, die sich an dem Gebotenen erfreuen und Beifall spenden.
Wenn eingangs gesagt wurde, dass das Kammerorchester Riegelsberg eingebettet sei in die Gemeinde Riegelsberg, so ist damit auch gemeint, dass zahlreiche Freunde und Zuhörer das Orchester mittragen. Die Konzerte sind regelmäßig so gut besucht, dass die Musiker dieses Ensembles sich in ihrem Bemühen bestätigt fühlen dürfen.
Die Mitglieder des Kammerorchesters sind sehr dankbar, über Jahre hinweg eine so treue Zuhörerschaft gefunden zu haben, ohne die das Orchester sicherlich diesen 60. Geburtstag nicht hätte feiern können.

Einspielprobe am 02.04.2017 in der Evangelischen Kirche Walpershofen
Selbst in einen recht kurzen geschichtlichen Überblick gehört dazu, den vielen Menschen zu danken, die das Orchester immer wieder unterstützt haben: den Pastören der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden, die uns seit Jahrzehnten ihre schönen Gotteshäuser für unsere Konzerte zur Verfügung stellen, den Institutionen, die uns finanziell tragen, der Gemeinde Riegelsberg mit ihren Bürgermeistern, die dem Orchester stets gewogen waren und ihren engagierten Kulturverwaltungen, der Sparkasse Saarbrücken, dem Lions Club Heusweiler, der Saarland-Sporttoto GmbH aber auch den vielen Männern und Frauen, die uns jährlich mit ihren Spenden unterstützen.
Dank gebührt aber auch der treuen Zuhörerschaft, die das Orchester seit Jahrzehnten mit ihrem Wohlwollen ermutigt und gleichermaßen allen aktiven Musikern und Dirigenten, die in der Vergangenheit bis heute mit unglaublichem Elan das Orchester aufgebaut und erhalten haben.
Ein so leistungsfähiges Orchester wie das Kammerorchester Riegelsberg, abseits der großen Kulturmetropolen, ist etwas Besonderes, etwas Schützens- und Erhaltenswertes. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch in der Zukunft engagierte Frauen und Männer finden, die sich aus Freude am gemeinsamen Musizieren dafür einsetzen, dieses schöne Orchester weiter zu führen und zu fördern, damit es der Gemeinde Riegelsberg noch lange erhalten bleibt und das kulturelle Leben auch in Zukunft bereichert.
Herbert Kiemes
Die Vorsitzenden
Karl Kraus (1957-1960)
Leo Schommer (1960-1969)
Robert Woll (1970-1975)
Otto Heinrich Winkelhaus (1969-1975)
Robert Woll (1975-1983)
Felix Adamski (1983-1984)
Leo Schommer (1985-
Armin Ziegler
